Mittwoch, 13. April 2011

Essaouira






Essaouira, die Stadt, die mich von Anfang an begeisterte. Sie blendete mich mit ihrer Schönheit. Mit ihren , geschäftigen Gassen, die sich meist erst gegen Abend füllen. Mit ihrem kleine Hafen und den blauen Booten, die mit dem Blau des Himmels ein perfektes Bild ergeben.
 
Mit ihren friedlichen Bewohnern, die stets freundlich, interessiert und zuvorkommend erscheinen. Mit ihren langen Stränden, die zum Verweilen, Schwimmen oder zu Spaziergängen einladen. Mit ihrer bunten Mélange aus Touristen, Einheimischen und gestrandeten Europäern. Erstaunlicherweise trifft man in Marokko sehr viele ausgewanderte Europäer. Im Gegenzug meinen wir Europäer, alle Marokkaner wollen nur nach Europa. Dass jedoch auch viele Europäer ihrer Heimat den Rücken kehren um in Marokko ein neues Leben anzufangen bleibt weitesgehend unbeachtet.

Gerade Essaouira lädt zum Verweilen ein. Plant man zwei Tage dort zu bleiben werden es schnell vier oder fünf, schnell Wochen, manchmal Monate und manchmal sogar Jahre. Essaouira ist charmant. Sie schafft es fast jeden um den Finger zu wickeln. Mit ihrem charmanten Auftreten schafft sie die Illusion, das Paradies auf Erden gefunden zu haben.
Gerne würde man bleiben; vielleicht für immer. Hier scheint alles möglich zu sein, alles machbar, alles schaffbar.

Doch dies ist nicht die Realität.Diese Vorstellung ist eine Fata Morgana; man kann sie zwar sehen, aber man wird sie niemals berühren können. Man kann sie nicht erreichen. Je länger man bleibt desto mehr rückt sie in die weite Ferne.
Und je länger man bleibt desto gefährlicher wird es. Denn Essaouira ist in Wirklichkeit eine eben charmante aber ebenso giftige Spinne. Sie wartet geduldig bis man sich ausruht, um einem dann genüsslich ihr Gift zu injizieren.
Hat sie dies geschafft steht es schlecht um einen. Man wird träge. Man schläft viel. Man macht nichts mehr und lässt sich lediglich von Tag zu Tag treiben. Man bewegt sich nicht mehr. Man wird diese Stadt nicht mehr verlassen bis zum Ende. Bis zum Stillstand. Man ist tot, aber noch lebendig; lebendig aber schon tot.Nimmt man sich die Zeit und trinkt einen Kaffee in einem der Cafés am Place Moulay Hassan kann man viele von ihnen beobachten. Diese "Halbtoten".
Ihr Gift ist wahrlich tödlich, aber es ist bekannt. Es nennt sich "Routine". Viele unterschätzen dieses Gift, doch es kann wirklich gefährlich werden.

Doch es gibt einen Weg sich aus ihren Fängen zu befreien. Man muss gegen sie ankämpfen und versuchen sich nicht auszuruhen. Jeden Tag auf's neue muss man den Kampf aufnehmen. Man muss aufmerksam sein, beobachten, denken und vorallem nicht tagsüber schlafen. Das Wichtigste jedoch ist, man muss reisen. Andere Orte sehen und wenn es nur das nächste Dorf ist. Nur ein bisschen Bewegung in den Alltag bringen um die Routine zu durchbrechen.
Wenn man dies befolgt kann man gut hier leben in Essaouira. Sie wird einem all ihre Schönheit zeigen und sie nie verlieren. Wenn sie es aber schafft einen zu infizieren mit der Routine, ist man verloren.
Essaouira ist flexibel. Sie kann das Paradies auf Erden sein, aber genausogut die Hölle.

Genau das ist Essaouira. Manche werden vielleicht lachen, aber die Menschen, die hier bereits einige Zeit verbracht haben, die wissen genau wovon ich spreche....

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